Wie ist die Operation geplant? Der Operationsweg lautete in meinem Fall: Transtemporaler Operationszugang. Erster Schritt: betäuben. EKG-Kabel angelegt und dann werde Schläuche gelegt. Da die Operation lang ist (so zwischen 8 und 10 Stunden), kann natürlich alles mögliche passieren, so dass man für einen Notfall auch schnell überall hin die richtigen Mittel spritzen kann. Also Herzkatheter an der Schulter, Venenkatheter an der linken Hand, einen schicken Schlauch in den kleinen Dingsbums, damit man das Bett nicht vollsaut. Dass natürlich künstlich beatmet wird, ist klar. Also auch einen Schlauch in den Rachen. Wer hier lose Zähne hat, etc, muss das Zeug natürlich vorher alles rauspulen. Da wird aber vorher noch anständig aufgeklärt. Von den Kabeln/Schläuchen bekommt man nix mit, weil man sich zu diesem Zeitpunkt schon im schönsten Anästhesie-Himmel befindet.
Es wird der Kopf noch fixiert und das ist auch eine nette Geschichte. Ein Schraubstock kommt der Sache schon sehr nahe. Generell liegt man für die OP-Zeit sehr verdreht und Kopf gestreckt. Der Kopf wird also in dieser Schraubzwinge festgemacht, der spitze Enden hat, die sich bis auf den Knochen festdrehen. Einer hinten und einer auf der Stirn. In meinem Fall genau auf der Stirn zwischen den Augen, dort wo bei den Hindus das dritte Auge sitzt. Wie gesagt, das merkt ihr alles nicht, weil ihr betäubt seid. Das wird genäht und kommt ein Pflaster drauf. Alles supi.
Eine kleine Anekdote: Mein Sohn (6 Jahre) fragt sich immer, warum ich immer weiß, was er gerade macht oder wo er sich versteckt, obwohl ich gerade nicht im Raum bin. Ich erzähle ihm, das, wenn man Vater wird, ein unsichtbares drittes Auge auf der Stirn wächst, um auf die Kinder aufzupassen. Damit kann ich alles sehen. Das fand er total unfair und er verlangte von mir, dass ich das Auge zumache, wenn wir verstecken spielen. Natürlich habe ich zugesagt. Nun muss ich mir mal was neues ausdenken zu der kleinen Narbe auf der Stirn.
Weiter geht es.
Dann wird der Temporallappen zur Seite gedrückt (ja, das ist ein Teil unserer Gehirnmaschine) um dann laaaagsam an die entsprechenden Nerven zu kommen. Ein weiter Weg, eine lange OP.
Hier mal eine schöne Webseite, die das genau erklärt (und für alle die mehr über die anderen beiden fantastischen Wege wissen möchte): http://www.akustikusneurinom.info/cms/Akustikusneurinom-Operation-Die-drei-Zugangswege.php
Es gibt ein Opfer bei der Operation und der heißt Gleichgewichtsnerv. Da er um den anderen Nerven liegt, muss er durchtrennt werden. Hilfe, da will jemand was abschneiden!!! Ja, aber bedenkt, dass ich ein zweites Ohr hab, wo das gleiche Zeug noch einmal eingebaut ist. Der Körper kann lernen, mit den Augen und dem anderen Gleichgewichtsnerv das Fehlen des anderen auszugleichen. Also ist dieses Opfer verschmerzbar. Die Top-Priorität ist der Erhalt des Gesichtsnervs und des Hörnervs, weil diese sehr zu eurer Lebensqualität beitragen.
Wenn die entsprechende Stelle nach einer Weile gefunden wurde, soll dann das Akustikusneurinom vorsichtig rausgeschabt werden. Dann entsteht dabei eine Lücke und die muss gefüllt werden, damit die Stelle auch schön wieder zu ist. Dies hat man früher mit Muskelgewebe von der Kopfhaut gemacht, was aber auf (ich glaube MRT) Kontrollbildern als Fremdkörper aussah. Deswegen macht man das nicht mehr, sondern sucht am Körper eine Stelle, wo etwas Fettgewebe übrig ist. Ich weiß. bei den meisten wird es schwierig sein, eine solche Stelle zu finden, bei mir hat man es vom Bauch genommen. Fett soll auf Kontrollbildern einfach besser aussehen. Also wird dort etwas geschnibbelt, Fett abgesaugt, zentrifugiert (glaube ich) und dann ein Teil in diese “Lücke” im Kopf eingesetzt. Im nachhinein hätten sie auch mehr Fett absaugen können. Beim nächsten Mal.
Im Operationsverlauf werden Hörtests durchgeführt, um den Zustand des Hörnerves zu kontrollieren. Dazu wird eine Nadel durch das Trommelfell gepickt (merkt ihr nicht und das verheilt) und mit Strom befeuert. Mit Sensoren am Kopf wird das wiederum gemessen, um die Leitung zu prüfen.
Dann wird alles wieder schön zu genäht, der Knochen wurde in meinem Fall angenäht, Fleischlappen wieder fest genäht und ein fetter Druckverbannt rumgewickelt. Es gibt noch einen Dränageschlauch am Kopf und einen Schlauch am Bauch (da, wo nicht jeder das Fett hat). Das sind diese Schläuche, die in einer kleinen Flasche enden, die oft unter Druck steht. Darin sammelt sich etwas Blut und mit den Dingern darf man auch ein paar Tage noch spazieren gehen.
Ist die OP gefährlich? Nun, hier wird lange in Narkose gearbeitet und das ist schon ein Risiko an sich. Dass zusätzlich am Gehirn und an Nerven gefummelt wird, verbessert die Lage nicht. Es ist keine OP wie an einem Beinbruch oder eine Nasenkorrektur. Das ist kein Vergleich!
Wie es nun nach der OP weiter geht, könnt ihr im nächsten Artikel lesen.